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- NUVO 9/24/2025
- Hemingway Lounge 9/25/2025
Hemingway Lounge, Karlsruhe, Germany, September 25, 2025.
Die Bilder beginnen zu klingen
Monika Herzig bringt mit „House of the Singing Winds“ den Jazz-Impressionismus in die Hemingway Lounge
Von Jens Wehn Karlsruhe.
„So stelle ich mir das vor: Jazz – und die Hütte ist voll.“ Peter Lehel ist bestimmt nicht der einzige Jazzer mit diesem Wunsch, aber hier in der Hemingway Lounge wurde er eingelöst. Es hat sich ein Gast aus den USA angesagt, die Pianistin und Komponistin Monika Herzig. Seit 1988 lebt die Schwäbin in den USA und hat sich dort längst fest in der Jazzszene etabliert. Sie hat ein neues Werk auf die Wege gebracht und produziert: „House of the Singing Winds – Jazz Impressions“ heißt es und ist eine Sammlung von Stücken, die inspiriert sind von Gemälden des amerikanischen Impressionisten Theodore Clement Steele. Sein Haus in Brown County, Indiana, ist heute ein Museum und als das namensgebende „House of the Singing Winds“ bekannt.
Doch zur Musik: Ein leiser stetig wiederholter Ton von Bass – ihn spielt Peter Kienle, der auch gelegentlich zur Gitarre greift – und Klavier fängt die Ohren ein, gleichbleibende Tonhöhe, gleichbleibender Rhythmus. So zieht sich’s hin und charakterisiert damit das Bild, zu dem diese Musik entstanden ist, und eine lange, sich in der Ferne verlierende Allee auf dem Lande zeigt. Der Name des Bildes – alle Bilder werden übrigens zur Musik auf einem Bildschirm gezeigt – ist „Road to Schleissheim“. Es ist tatsächlich das Schleißheim in Bayern gemeint. Steele Studierte ab 1880 fünf Jahre lang in München Malerei. Nun ist die sich hinziehende Allee in Gestalt des stetigen Klavier- und Basstons allein musikalisch recht unergiebig – wenn es da nicht noch das kleine Fuhrwerk im Bild gäbe, das farbige Laub und gelegentliche Schlaglöcher. Das ist Sache von Jamie Baum an der Querflöte, Peter Lehel am Saxofon und Oliver Strauch am Schlagzeug. Da kreiseln die Flötenblätter im Wind, die Saxofonzweige wiegen sich in den Böen und die Schlagzeugkutsche swingt sich über die Hügel. Es entsteht eine erzählende Musik, eine Programmmusik, die aber den Inhalt des Bildes durchaus übersteigt, indem sie es weitererzählt, denn weder gibt das Bild Steigung oder Gefälle an – davon erzählt uns das Schlagzeug – noch kann man ihm die Windstärke entnehmen, wovon Flöte und Saxofon berichten.
Die Musikalischen Mittel sind auf der Höhe der Zeit: Der Klang schmeichelt nicht, er mag die Dissonanz und wenn Peter Lehel in „Mysterious“ mit seinem Saxofon Multiphonics spielt, dann klingt das ins Unheimliche hinein. Die Komposition ist übrigens von ihm. „House of the Singing Winds“ ist kompositorisch ein Gemeinschaftsprojekt. „The Brook in the Woods“ ist von Flötistin Jamie Baum, die ihre Flötentöne hier in unzähligen Windungen mäandern lässt. Man kann sogar die Tiefe des Baches ahnen, indem sie ihre Flöte elektronisch in der Oktave nach unten verdoppelt. Ein geistreicher Kniff, um Dreidimensionalität in einer einzigen melodischen Linie darzustellen, durch seine Einfachheit bei großer Wirkung überraschend. Das Zuhören hat sich gelohnt.

